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Überraschende Parallele: Schweiz und London im direkten Vergleich

Der Wohnungsbestand des Kantons Basel-Stadt (nachfolgend Basel) steht spätestens seit dem Frühling 2022 unter besonderer Beobachtung. Damals wurde die Verordnung über den Schutz von Wohnraum in Kraft gesetzt. Für eine fundierte Wirkungsanalyse bzw. Evaluation dieser Vorschriften ist es – zumindest für mich – noch zu früh. Es bleibt eine histoire à suivre. Unabhängig davon interessiert mich zum Einstieg in diesen Blog die dortige Schnittstelle zwischen Demografie, Privathaushalten und Wohnungsbestand.

 

London calling: Basels Bevölkerungs- und Wohndichte im Vergleich

 

Die gegenwärtige Bevölkerungsdichte in Basel liegt in der Grössenordnung derjenigen von Londons Kernstadt: Während n der Schweizer Grossstadt am Rheinknie leben rund 5'300 Menschen pro Quadratkilometer leben, sind es an der Themse knapp 5'600 Menschen. (*) Daraus lässt sich weder in Bezug auf das objektive oder subjektive Dichteempfinden noch auf den Grad an Urbanität unmittelbar Schlüssiges ableiten.

 

Mein Fokus liegt woanders, nämlich im Konsum von Wohnfläche. Zwischen 2011 und 2021 erhöhte sich in London die Belegungsdichte in den dortigen Wohnungen von 2.41 auf 2.57 Personen pro Haushalt. In Basel veränderte sich dieser Kennwert in Zeitverlauf – wenn überhaupt – nur im marginalen Bereich. Für Ende 2021 lässt sich aus den Daten des Statistischen Amts ein Wert von 1.94 errechnen. Basels Bevölkerung lebt vergleichsweise «auf grossem Fuss»...

 

Oder anders ausgedrückt: Während in London 257 Menschen 100 Wohnungen als ihr zu Hause nutzen, sind es in Basel «nur» deren 194 Personen (**)

 

Beide, die unterschiedlichen Niveaus und Entwicklungen, lassen sich primär durch zwei Themenkreise erklären: Die Höhe und Veränderung der Wohnkosten einerseits und durch die unterschiedlich starke Zunahme der Wohnbevölkerung. In Basel wuchs sie zwischen 2011 und 2021 um total 4.5%. In London erhöhte sich die Zahl der Bevölkerung um rund 7.6%. Da insbesondere grenzüberschreitende Datenvergleiche per se besonders anspruchsvoll und damit auch heikel sind, sollen an dieser Stelle keine (weiteren) Schlüsse aus dieser Analyse abgeleitet werden.

 

Die Moral von der Geschichte

 

Ausgangspunkt für diesen Blog war weder Basel noch London, sondern die demografische Entwicklung der gesamten Eidgenossenschaft. Um 1850 lebten hierzulande insgesamt ähnlich viele (bzw. wenige Menschen) wie damals in der Kernstadt von London, circa je 2.5 Millionen Menschen. Rund 170 Jahre später, genauer Ende 2021, wiesen die Schweiz und London absolut betrachtet wiederum eine fast identisch hohe Zahl bei der Wohnbevölkerung aus. Was für eine Koinzidenz! Die dazwischenliegenden Entwicklungspfade verliefen jedoch grundsätzlich verschieden.

 

Der springende Punkt ist der Folgende: Seit anfangs der 1980er-Jahren und über 40 Jahre entwickelten sich die beiden Bevölkerungszahlen synchron und in absoluten Zahlen fast deckungsgleich: eine zufällig entdeckte hohe positive Korrelation. (Vgl. Grafik im Titelbild). In beiden Territorien wuchs die jeweilige Gesamtbevölkerung netto je um 2.1 Millionen Menschen.

 

Es spricht Bände, wenn auf dem demselben geografischen Gebiet, konkret in der Londoner Kernstadt, überhaupt ein solches Wachstum möglich bzw. beobachtbar ist. Man denke dabei einerseits an die Kapazitäten bei der der Infrastruktur (u. a. Ver- und Entsorgung oder Verkehr) und an die Absorptionsfähigkeit und Wandelbarkeit des Wohnungsparks andererseits. In Zahlen: Die dortige Bevölkerungsdichte erhöhte sich von 4'200 Menschen pro Quadratkilometer im Jahre 1980 auf die eingangs erwähnte räumliche Dichte von aktuell 5'600 Menschen. Dazu kommen noch «Zentrumslasten» als Wirtschafts-, Kultur- und Politikzentrum.

 

Fazit


Wenn das Bündel an Standortfaktoren vor Ort stimmig ist, dann bremsen weder hohe Wohnpreise oder (Wohnkosten) die Zusatznachfrage nach Wohnraum noch schmälern Spitzenwerte bei der Bevölkerungsdichte die Attraktivität als Wohnstandort. Welche Schlüsse die eidgenössische Politik, die hiesige Wirtschaft oder die Raumplanung der Schweiz daraus ziehen könnte oder sollte, bleibt an diese Stelle bewusst offen. Aber wo ein Wille ist, gibt es einen Weg. Vieles ist auch eine Frage des räumlichen Massstabs bzw. der gewählten Systemgrenzen.

 

(*) Der gesamtschweizerische Wert liegt gegenwärtig bei 211 Bewohner pro Quadratkilometer.

(**) Der gesamtschweizerische Wert liegt gegenwärtig bei 2.2 Personen pro Wohnung.


Quellen


Weitere Daten des Bundesamtes für Statistik







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